Cover Heft 41

Heft 41, Juli 2025

Buchbesprechung

Jörn Fischer Maschinelles Lernen für Dummies Wiley-VCH, Weinheim 2024 352 Seiten
ISBN 978-3-527-72055-2 € 28,00

Damit Roboter die Umwelt wahrnehmen und agieren können, müssen zunächst u. a. Muster und Zusammenhänge in Daten erkannt wer den. Dies gilt auch für Sprachmodelle, damit sie sinnvolle Texte generieren können. Hier kommt im aktuell sehr gehypten Feld "Künstliche Intelligenz" die akademische - und gar nicht so neue - Disziplin "Maschinelles Lernen" ins Spiel.

Im letzten Jahr hat Jörn Fischer, Professor an der Hochschule Mannheim, das Buch "Maschinelles Lernen für Dummies" veröffentlicht, das sich zum Ziel setzt, einen umfassenden Überblick über bewährte und neueste Algorithmen und Verfahren zu bieten. Es ist in der "Für Dummies"-Reihe des Wiley-Verlags erschienen, die sich u. a. durch einfachen und verständlichen Stil sowie lockeren und humorvollen Ton, leichte Zugänglichkeit für Einsteiger*innen durch einen entsprechenden didaktischen Aufbau sowie gut aufbereitete Schritt-für-Schritt-Anleitungen auszeichnet. Dies alles ist in dem Buch hervorragend umgesetzt: Es fällt durch eine sehr klare Struktur, viele und gut gewählte Abbildungen und didaktische Elemente auf, die die Lektüre und das Verständnis sehr unterstützen. Auch wird der zum Teil überaus anspruchsvolle Inhalt in einem freundlichen "Plauderton" vermittelt, der die Komplexität reduziert (statt sie, wie leider in Lehrbüchern auch heute manchmal noch üblich, formulierungstechnisch zu erhöhen). Einziger kleiner Kritikpunkt: Viele grundsätzlich vergleichbare Bücher haben heute einen Farbdruck, was die (rein optische) Attraktivität erhöht.

Wichtiger aber sind natürlich die Inhalte. Jörn Fischer startet das 350 Seiten starke Buch mit einer "Einführung ins maschinelle Lernen" (Teil I), die terminologisch-konzeptionelle und mathematische/statistische Grundlagen umfasst und kurz in die Programmierung mit Python einführt. Dabei konzentriert sich der Autor auf die Inhalte, die später im Buch relevant werden - entsprechend kurz sind die Kapitel. Solche Kapitel sind für Leser, die ins maschinelle Lernen einsteigen wollen, ein großer Gewinn: entweder weil sie sich freuen können, dass sie beispielsweise (noch) wissen, was ein Eigenvektor und die Jacobimatrix sind, oder weil sie es eben noch einmal nachlesen können.

Teil II widmet sich dann grundlegenden Optimierungs- und Lernalgorithmen. In diesen Kapiteln finden sich sehr gut verständliche Erläuterungen zu grundlegenden Lernaufgaben (Regression, Clustering und Klassifikation). Die üblichen Verfahren (bspw. Support Vector Machines, Lasso-Regression) werden knapp und sehr anschaulich dargestellt und es wird die Umsetzung mittels Python-Code demonstriert.

Der umfangreichste Teil des Buchs (Teil III), der aus vier Kapiteln besteht, widmet sich neuronalen Netzen. In diesem gelingt es dem Autor, auf 120 Seiten - von den ganz grundlegenden Ideen aus den 40er-Jahren ausgehend - die wesentlichen Entwicklungen und neuesten, aber mittlerweile etablierten Ansätze darzustellen. Es ist ein sehr gut zu lesender und gut verständlicher "Ritt" durch über 80 Jahre Entwicklung und im Ergebnis finden die Leserinnen und Leser Orientierung in der Welt der Restricted Boltzmann Machines, Recurrent Neural Networks (RNNs), Convolutional Neural Networks (CNNs), Generative Adversarial Networks, Encoder-Decoder-Modelle, Long Short-Term Memory Networks (LSTMs), Autoencoder, Transformer etc. Hier, wie auch im nächsten Teil IV ("Verstärkendes Lernen"), werden jeweils methodische und theoretische Grundlagen sowie Umsetzung und Coding mit Python sehr anschaulich erläutert und verknüpft, was - auf einem guten akademischen Niveau - den Einstieg und das Verständnis in einem hervorragenden Maße erlaubt.

Besonders hervorzuheben ist auch, dass sich Jörn Fischer dem gerade für Governance-Fragestellungen wichtigen Thema der Erklärbarkeit widmet, einem Aspekt, der in Lehrbuchdarstellungen noch eher selten vorkommt (Kapitel 14). Weiterhin zu loben sind die besonders guten "Zusammenfassungen" bzw. die Nennung von zentralen "Key Takeaways", die in der "Für Dummies"-Reihe üblicherweise in einem "Top-Ten-Teil" enthalten sind.

Zuletzt stellt sich noch die Frage nach der Positionierung des Buchs im Markt der zahlreichen Machine-Learning-Bücher: Der Schwer punkt liegt nach Einschätzung des Rezensenten auf der (sehr guten) formalen, mathematischen und auch theoretisch-historischen Herangehensweise an Grundlagen, Hintergründe und Methoden. Etwas weniger ausgeleuchtet wird hingegen die Anwendung in verschiedenen Disziplinen (wie Wirtschaft, Finanzen oder auch Naturwissenschaften und Medizin). Insofern eignet sich das Buch ganz hervorragend als Lektüre für Studierende und (angehende) Experten, die nicht zuvorderst an Anwendungsaspekten interessiert sind - bzw. hierbei stehen bleiben wollen -, sondern tiefergehend die Methoden und "den Maschinenraum" des maschinellen Lernens kennenlernen möchten, um dann nicht nur über Potenziale, Chancen und Risiken der Nutzung von KI zu schwadronieren, sondern wirklich "unter die Motorhaube" zu schauen, fundierte Urteile zu treffen und mit der Entwicklung sowie dem Training von ML-Modellen zu starten.

Prof. Dr. Matthias Goeken

Hochschule der Deutschen Bundesbank
matthias [dot] goeken [at] bundesbank [dot] de

Zum Inhaltsverzeichnis